Bodenseeforum: Burchardt entdeckt Meinungsfreiheit

Bei der Gemeinderatssitzung am 22.6. holte Oberbürgermeister Uli Burchardt den Knüppel aus dem Sack. Mit meiner Satire habe ich unter anderem meine „Treuepflicht“ als Stadtrat verletzt und der Stadt immensen Schaden zugefügt. Das werde er rechtlich prüfen lassen. Über die Provinzposse wurde auch überregional berichtet und kopfschüttelnd gelacht. Lange musste man auf das Ergebnis der rechtlichen Prüfung warten. Hier ist es nun.

 

Treuepflicht als Stadtrat

Sehr geehrter Herr Reile,
Ich hatte ja in Aussicht gestellt, der Frage nachzugehen, ob Ihre veröffentlichte Satire gegen die Treuepflicht als Stadtrat verstoßen hat, weil sie die Interessen oder Belange der Stadt geschädigt oder beeinträchtigt haben könnte. ich habe die Prüfung veranlasst aus Sorge um die Mitarbeiter und den Ruf des Bodenseeforums.

Die rechtliche Einschätzung hat ergeben, dass außerhalb von Ratssitzungen die Treuepflicht grundsätzlich nicht das Recht auf freie Meinungsäußerung einschränkt. Eine Grenze kann zwar dann erreicht sein, wenn die Äußerungen wahrheitswidrig oder ausschließlich diffamierend sind. Diese Grenze dürfte bei Ihrer Satire wohl nicht überschritten sein, da die unzutreffenden angeblichen Informationen zum Verkauf des Hauses und die satirische Einkleidung letztlich untrennbar vermengt sein dürften.

Externe Kosten für diese Prüfung sind nicht entstanden.

lm Fall der fingierten Zitate, die Sie Mitarbeitern zugeschrieben haben, appelliere ich an Sie, dies zukünftig zu unterlassen. Es handelt sich meines Erachtens dabei um billige Effekte auf Kosten der Mitarbeiter. Dieser Stil sollte nicht in den Konstanzer Gemeinderat Einzug halten.

Mit freundlichen Grüßen
Uli Burchardt
Oberbürgermeister

PS:
Ich habe lhren Text zum Anlass genommen, mich in den letzten Tagen etwas eingehender mit dem Thema Satire zu beschäftigen. Dabei bin ich auf folgendes interessante Zitat eines Kollegen von lhnen gestoßen, das ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Der Journalist Dieter E. Zimmer hat 1974 in einer Diskussion über das Thema Satire folgendes geschrieben:
„Falsche Tatsachenbehauptungen sind natürlich immer von Übel, auch in Satiren, ob sie nun juristisch belangbar sind und belangt werden oder nicht. Moralisch, weil sie jemandem ein Unrecht zufügen. Literarisch, weil eine Satire, die auf Erfindungen aufgebaut ist, in sich schlaff zusammensackt. (…) Einen Freibrief nämlich für Lügen und Verleumdungen kann niemand wollen; Schriftsteller, die aufklären möchten, am alleıwenigsten.“

 

Wer Burchardts Einlassungen liest, kann unschwer erkennen: Diese Antwort muss ihm enorm schwergefallen sein, da ihm für seine Anschuldigungen jeder Beleg fehlt. Somit steht er mit abgesägten Hosen da, kann es aber nicht lassen, dennoch den kraftmeiernden Zuchtmeister zu geben. Souveränität sieht anders aus. Baut man Bockmist, steht man dafür ein und nimmt die öffentlich erhobenen und unberechtigten Vorwürfe mit dem „Ausdruck des Bedauerns“ ebenso öffentlich zurück – und gut ist’s. Doch dafür fehlt dem Konstanzer Stadtoberhaupt, in dessen DNA Selbstüberschätzung eine tragende Rolle spielt, die Größe. Wenn er nun glaubt, mit seiner dürren Erklärung sei die Angelegenheit erledigt, irrt er. Fortsetzung folgt.