Bodenseeforum: Ritt auf einem toten Gaul

Erneut werden rund 650 000 Euro zusätzlich in das Siechenhaus am Konstanzer Seerhein gepumpt. So entschied am 4.12. der Haupt-und Finanzausschuss (HFA). Längst fragt sich eine Mehrheit, wie lange das noch so weitergehen soll. Für das bisherige und überwiegend unverständliche Verhalten der Entscheidungsträger gibt es aber mittlerweile eine plausible Erklärung

Man muss sich das aktuell so vorstellen: Jeweils zum Monatsersten und meist vor Sonnenaufgang, wankt der städtische Kämmerer mit einem Geldkoffer an den Seerhein zum verwaisten Bodenseeforum. Dort angekommen, schaut er sich vorsichtig um und wenn er sich unbeobachtet fühlt, öffnet er seinen Koffer und kippt rund 200 000 Euro ins leise plätschernde Wasser. Dann ein letzter, wehmütiger Blick auf den gläsernen Eurosarg und mit einer dicken Träne im Auge macht sich der Kämmerer auf den Weg zu seinem Büro. Meine Güte, so denkt er sich, was könnte man mit der Kohle sonst noch anfangen? Renovierung von Kindergärten und Schulen, Vergünstigung der Bustarife, Bau tatsächlich bezahlbarer Wohnungen…. In der Regel erfasst dann spontaner Schwindel den Kämmerer und ihm wird ganz schwer ums Herz. Aber Vorwürfe will er sich keine machen, muss er auch nicht, denn der Gemeinderat gibt ihm mit großer Mehrheit dafür seit Jahren grünes Licht und der Kämmerer ist ein braver Beamter, der nur seine Pflicht tut.

Folgender Beschlussvorschlag zum Thema lag vor: „Der Haupt- und Finanzausschuss empfiehlt dem Gemeinderat, gem. § 84 GemO im Haushaltsjahr 2018 auf der Kostenstelle 5750005000 und dem Sachkonto 43150520 für den Betriebskostenzuschuss an den Eigenbetrieb Bodenseeforum überplanmäßige Aufwendungen in Höhe von 653 500 Euro zu genehmigen“.

Bislang hatten vor allem die in unverbrüchlicher Treue mit Oberbürgermeister Uli Burchardt verbundenen RätInnen folgender Fraktionen keinerlei Probleme, die immer tiefer werdenden Löcher mit Steuergeldern zu stopfen: Jürgen Faden (Freie Wähler), Roger Tscheulin und Wolfgang Müller-Fehrenbach (CDU), Heinrich Everke (FDP) und Dorothee Jacobs-Krahnen (Freie Grüne Liste) . Dabei konnten sie sich der Zustimmung ihrer jeweiligen FraktionskollegInnen sicher sein und auch die gewählten VertreterInnen von SPD und JFK (Junges Forum Konstanz), schlossen sich der organisierten Geldverbrennung in der Regel an. Langsam aber geht allen gewaltig die Düse, denn bald sind Kommunalwahlen. Dennoch winkten sie den erneuten Zuschussbedarf demütig durch.

Während nun die Bürgerschaft seit geraumer Zeit rätselt, was die Stadtparlamentarier dazu treibt, weiterhin einen Gaul reiten zu wollen, der schon tot ist, haben sich namhafte Wissenschaftler der Uni Konstanz genau dazu ihre eigenen Gedanken gemacht. Bei dem Verhalten des Gemeinderates, so der Konstanzer Verhaltensforscher Prof. Dr. Hanns Beuytlin, handle es sich eindeutig um das „Durchhalte-Syndrom“, das bei Kommunalpolitikern immer öfter zu beobachten sei und oft auch zu psychosomatischen Störungen führe. Behandle man diese nicht rechtzeitig, sei mit folgenden Schritten zu rechnen:

  1. Sie tauschen die jeweiligen Reiter aus
  2. Sie beauftragen den Arbeitskreis, in Konstanz bekannt als „Betriebsausschuss Bodenseeforum“, das Pferd genauer zu untersuchen
  3. Sie besuchen andere Kommunen, um herauszufinden, wie man dort tote Pferde reitet
  4. Sie stellen eine Task Force zusammen, in diesem Fall eine lustige Truppe externer Berater, um das tote Pferd wiederzubeleben. Dafür geben sie auch gerne sehr viel Geld aus. Es ist ja nicht ihres.
  5. Wenn auch das nichts hilft, sucht man einen Schuldigen, besser mehrere. Findet man keine, ändert man die Kriterien, die besagen, ob ein Pferd tot ist.