Der Turmbau zu Wäldi

Glaubt man den Organisatoren, dann soll noch dieses Frühjahr auf dem Seerücken zu Hohenrain in Wäldi (oberhalb von Tägerwilen), der Napoleonturm „Belvedere“ steil in den Himmel ragen. Garantiert sei dann in knapp 40 Meter Höhe, so der Förderverein des Projekts, „eine Weitsicht über den Thurgau und über den Untersee mit der Insel Reichenau“. Da könnte also auf verträumter Scholle ein touristischer Treffpunkt entstehen, den es genau an dieser Stelle vor knapp 200 Jahren schon mal gab.

Angeblich war es Prinz Louis Napoleon, besser bekannt als späterer Kaiser Napoleon III., der damals auf Schloss Arenenberg lebte und sich Anfang des 19. Jahrhundert dafür eingesetzt haben soll, unweit von Wäldi einen gigantischen Aussichtsturm zu errichten. Da mochten die braven Untertanen nicht widersprechen und gingen hurtig ans Werk. Im Sommer 1829 wurde der Turm, komplett aus Holz gebaut, für die Bevölkerung geöffnet. Begeisterung kam allerorten auf und man konnte lesen: „70 Fuß ragte der Turm aus dem Wald hervor und ermöglichte einen Rundblick vom Vorarlberg zum Alpstein und Churfirsten, zu den Glarner- und Innerschweizer Bergen, bis zu den Berner Alpen. Im Norden sah man den Untersee, die Insel Reichenau, Konstanz und den Bodensee“.

Doch das Vergnügen in schwindelerregender Höhe war aufgrund seiner Bauweise nicht lange von Bestand. Das Holz faulte munter vor sich hin und 1855, also bereits 26 Jahre nach seiner Eröffnung, wurde der Turm wegen drohender Baufälligkeit wieder abgerissen. Seitdem war ein Neubau immer wieder im Gespräch, aber es sollte etwa bis ins Jahr 2012 dauern, bis ein neuer und konkreter Anlauf genommen wurde. Ein umtriebiger Förderverein wurde gegründet und Gelder gesammelt. Man rechnete mit Baukosten von rund 900 000 Franken. Und die kamen erstaunlich schnell zusammen, denn viele Privatleute trugen zur Finanzierung bei, aber auch der eidgenössische Lotteriefonds, mehrere Gemeinden und der Kanton Thurgau öffneten ihre ordentlich gefüllten Schatullen.

Da Schaden in der Regel zu Klugheit führt, wird es nicht wieder einen Holzturm geben. Den Sockel bildet ein Betonfundament, alle dreieinhalb Meter plant man ein Zwischenpodest und in einer Höhe von jeweils 10 Meter ist eine Zwischenplattform vorgesehen. Die überdachte Panoramaplattform liegt auf einer Höhe von knapp 35 Metern und bietet Platz für 50 aussichtshungrige Personen.

Grund genug also für Touristen aus nah und fern, diese Attraktion alsbald in Augenschein zu nehmen. Gut möglich, dass auf das sonnenverwöhnte Plateau über der seebedingten Nebelgrenze ein für ländliche Verhältnisse gewaltiger Run einsetzt. Das wiederum erfüllt dortige Anwohner mit noch leiser Sorge. Jetzt schon sind die schmalen Wege oft zugeparkt, klagen einige. Um Parkplätze in der Gegend wolle man sich umgehend kümmern, erklärte Karl Möckli, Präsident des Fördervereins Napoleonturm, auf Anfrage. Wo genau diese Parkplätze für motorisierte Besucher sein sollen, wurde allerdings noch nicht bekannt gegeben. Da darf man gespannt sein.

Weitere Infos: www.napoleonturm.ch