Die Macht der Narren

Dass Narrengesellschaften nicht nur in Konstanz auch jenseits der Fasnacht eine gewichtige Rolle spielen, ist bekannt. Wer sich mit ihnen anlegt, muss in der Regel mit heftigem Gegenwind rechnen. Stehen auch noch Wahlen an, kuscht man lieber vor der organisierten Narretei und winkt deren Forderungen kritiklos durch. So geschehen am 20. März im Kulturausschuss.

Folgender Antrag der Konstanzer Narrengesellschaft Niederburg e.V. stand als Vorberatung auf der Tagesordnung: Der Kulturausschuss möge dem Haupt- und Finanzausschuss empfehlen, die Musical-Produktion „Die Fischerin vom Bodensee“ im Bodenseeforum mit einem Zuschuss von 15 750 Euro zu fördern. Diese Mittel, heißt es in dem Antrag weiter, „werden aus dem entsprechenden Budget für die Förderung von Veranstaltungen im Bodenseeforum Konstanz zur Verfügung gestellt“.

Der Ausschuss unter Federführung des Konstanzer Bürgermeisters Andreas Osner war auf schnelles Durchwinken gebürstet, Nachfragen schienen nicht gewünscht.

Keine Frage, über Geschmack lässt sich streiten – oder auch nicht. So gesehen spielt es bestenfalls eine Nebenrolle, ob man die geplante Aufführung einer heimattümelnden Schmonzette aus der muffigen Adenauer-Ära gut findet oder eben nicht. Liest man aber die aktuelle Vorlage, drängt sich schon der Verdacht auf, dass hier mit der beantragten Summe über knapp 16 000 Euro eine bemühte Quersubventionierung für das klamme Bodenseeforum in Gang gebracht werden soll, weil selbiges seit Jahren finanziell aus dem letzten Loch pfeift und die SteuerzahlerInnen schröpft. Schaut man sich die Buchungen beispielsweise für den aktuellen Monat an, werden damit wohl kaum die monatlichen Festkosten gedeckt.

Der Vorlage entnimmt man weiterhin, dass sich der Verein Niederburg e.V. neuerdings dazu berufen fühlt, in fast schon aufdringlicher Impertinenz das Bodenseeforum als geeignetes Veranstaltungshaus für alle anzupreisen. Da drängt sich der Verdacht auf, dass hinter dieser massiven Schützenhilfe die Konstanzer Rathausspitze steckt, die dadurch hofft, berechtigter Kritik an der Brache am Seerhein die Spitze zu brechen. Das ist ziemlich durchsichtig und wenig überzeugend.

Dazu: Bei der Begründung für den Zuschuss verweist die Narrengesellschaft unter anderem darauf, dass sie auch treibende Kraft bei der SWR-Sendung der „Konstanzer Fasnacht aus dem Konzil“ ist – einer Veranstaltung, die sich angeblich „größter Beliebtheit“ erfreut. Wer sich die letzte Übertragung zugemutet hat, kann nur konstatieren: Niveauloser und auch frauenfeindlicher geht es wohl kaum. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem fast flächendeckend und in vielen Veranstaltungen für Gleichberechtigung gefochten wird. Feuchte Altherrenträume aus der untersten Schublade zogen sich durch die Sendung. Wenn das die Messlatte für Qualität sein soll, dann muss einem vor der Fischerin vom Bodensee heute schon grausen.

Der Antrag auf Bezuschussung wurde mit einer Gegenstimme der Linken Liste Konstanz durchgewunken und wird dem Haupt- und Finanzausschuss am 4.4. zur endgültigen Entscheidung vorgelegt. Vor allem aus grünen Kreisen war zu hören, dass man zwar nicht glücklich sei darüber, aber eine Ablehnung des Antrags bei den kommenden Kommunalwahlen Ende Mai zu Stimmenverlusten führen könnte.