Dschungelcamp live aus dem Konzil

Zum 21. Mal ließ sich der SWR hinreißen, Ende Januar die närrischen Darbietungen aus dem Konstanzer Konzil zu übertragen. Das Ergebnis war wieder mal ernüchternd. Seit mehreren Jahren attackiert die über dreistündige Zumutung den guten Geschmack der Allgemeinheit ab IQ 90. Besserung ist nicht in Sicht, denn es scheint wohl niemandem einzufallen, diesem gebührenfinanzierten Desaster endgültig den Saft abzudrehen.

Das Niveau der Fernsehfasnacht, angeführt von einem bis über beide Ohren selbstverliebten Moderator, schraubte sich auch diesmal wieder auf ungeahnte Höhen: „Ich find` den Mario Gomez ganz arg nett, mit dem ging ich gerne mal – ins Kino“. Tusch, trarä, trära, humptata und nochmal Tusch und trallala. Dazu Gejohle, hoch die Gläser, Ho Narro. Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, war das Angebot entsetzlich bieder und – man muss das leider so sagen – bisweilen sogar grenzdebil.

Das mag in närrischen Hinterzimmern und geschützten Räumen noch halbwegs angehen, aber ein öffentlich-rechtlicher Sender sollte auf ein Mindestmaß an Qualität achten. Tragisch, dass man die AkteurInnen einem Fernsehpublikum zum Fraß vorwirft, das gehört sich einfach nicht, so geht man mit Schutzbefohlenen besser nicht um. Dieser Vorwurf richtet sich vor allem an die Programmgestalter, schließlich wählen sie aus, wen sie womit auf die Bühne lassen. Aber darüber hat man sich offensichtlich im Vorfeld keine Gedanken gemacht, denn auch schlüpfrig-zotiger Bockmist fand noch Schenkelklopfer beim leicht zu erheiternden Publikum. Regelmäßig eingestreute Tanz- und Hupfmeisen, die gerne aus dem Takt kamen und SängerInnen, die nicht singen konnten, setzten dem Grauen mehrere Kronen auf. Einfach zum fremdschämen. Das hat die Stadt Konstanz, die sich gerne als kulturelles Oberzentrum versteht, wahrlich nicht verdient.

Und wie immer in der ersten Reihe, quasi in Tuchfühlung mit der SWR-Kamera: Politisches Personal aus Stadt und Land. Natürlich Landrat und feierbiestiger Dauergast Frank Hämmerle, der alles lustig fand, was da an Unfug zu vernehmen war. Dazu Oberbürgermeister Uli Burchardt (bemüht-geduldiger Hausherr), Sozialbürgermeister Andreas Osner (Zwangsverpflichtung), SPD-Landtagskandidat Peter Friedrich (erfolgreicher Wahlkämpfer) mit albernem Hütchen, die grüne Kandidatin Nese Erikli (auch im Wahlkampfmodus) mit ebenso drolliger Kopfbedeckung. Spätestens an diesem Abend muss Erikli und Friedrich bewusst geworden sein: Wer die Konstanzer Fernsehfasnacht seelisch und körperlich einigermaßen unbeschadet übersteht, kann sich getrost mit AfD-Kandidaten auf einem Podium messen.

Erst beim zweiten Kameraschwenk wurde klar, wer das kleine, erstarrte Männlein mit übergroßem Narrenhut am Promi-Tisch war: CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf, herangekarrt aus dem fernen Stuttgart. Der allerdings fiel auf, weil er bis zum bitteren Ende keinerlei Regung zeigte und da saß, als habe man ihm eben vier Weisheitszähne gezogen. Fast schon sympathisch, der Möchtegern-Ministerpräsident.

Anderntags war der Lokalpresse zu entnehmen, dass der Abend ein schöner war. Tolle Nummern habe man gesehen, die Stimmung sei prächtig gewesen. Diese Wahrnehmungsblockade kann nur durch die Verabreichung synthetischer Substanzen zustande gekommen sein, anders kann man sich die Euphorisierung des Berichterstatters kaum erklären. Spätestens jetzt werden sich manche LeserInnen fragen: Was soll das Geraunze und Genöle hier? Und warum arbeitet sich der Kerl unnötigerweise Jahr für Jahr an dem Quark ab? Bringt doch nix. Stimmt. Aber die Zeiten sind so lange noch nicht her, da wünschte sich der Schreiber dieser Zeilen eine Fasnacht, die anknüpft an ihre widerborstigen und rebellischen Traditionen. Unverblümt, spottend, frech und aufrührerisch vorgebracht, auf dass den Mächtigen in Stadt und Land das Blut in den Adern und auch im Gesicht gefriere. Eine nachweislich traumtänzerische Vorstellung, denn die Adressaten sitzen locker und entspannt in der ersten Reihe und haben rein gar nichts mehr zu befürchten. Affe tot, Klappe zu.