Freie Grüne Liste will „essbare Stadt“

Bald könnte es in Konstanz heißen: „Wie wär´s mit frischen Radieschen und leckeren Kartoffeln von der Laube oder knackigen Äpfeln und duftenden Erdbeeren vom Döbele-Kreisel?“ Die Freie Grüne Liste (FGL) hat Revolutionäres vor und will, so ihr mutiger Antrag für die morgen stattfindende Sitzung des Technischen- und Umweltausschusses (TUA), darum bitten, das Thema „Essbare Stadt“ alsbald auf die Tagesordnung zu setzen. Wie man hört, findet dieser Vorschlag in weiten Kreisen Unterstützung

Wir erinnern uns: Beim letzten Bundestagswahlkampf punkteten die Grünen bundesweit, als sie für einen Veggie-Day eintraten. Da brandete zwischen Flensburg und Konstanz großer Jubel auf. An diesen Erfolg möchte die FGL vor Ort nun anknüpfen. Deren Räte Stephan Kühnle und Peter Müller-Neff fordern die Verwaltung auf, „darzulegen, welche innerstädtischen Flächen für eine öffentliche Bepflanzung mit Obst und Gemüse genutzt werden können“.

„Urban gardening“ also auch bald in Konstanz? Aber ja doch, finden Kühnle und Müller-Neff, denn in anderen Städten, beispielsweise in Tübingen, Freiburg, Böblingen und Heidelberg funktioniere das schon lange hervorragend. Außerdem ließe das gemeinsame Pflanzen die „Stadtgesellschaft näher aneinander rücken“ , wirke „der sozialen Kälte und individuellen Vereinsamung entgegen“ und erhöhe „auf lange Sicht die Attraktivität“ der größten Stadt am Bodensee.

Etwaigen Befürchtungen, die Verkehrsdichte und der damit einhergehende Schadstoffausstoss könne die Qualität der angebotenen Waren in Frage stellen, wischen die innovativen Vordenker hurtig vom Tisch. „Mittlerweile“, so Kühnle und Müller-Neff unisono, „sind die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt resistent geworden gegen derlei Beeinträchtigungen“. Außerdem, schieben sie nach, müsse auch die ständige Behauptung, die Welt sei einem Klimawandel unterworfen, „doch eher kritisch überprüft“ werden, denn „alternative Fakten“ bewiesen längst das Gegenteil.

Bei ihrer Standortsuche für die innerstädtische Gemüse- und Obstproduktion sind die Freien Grünen schnell fündig geworden. Vor allem der Bereich Obere Laube wäre ihrer Meinung nach bestens geeignet. „Das ist doch totes Brachland im Herzen der Stadt“ erklären sie und Müller-Neff erinnert daran, dass dort einst der Wochenmarkt angesiedelt war. „Was damals gut war, kann heute nicht schlecht sein“. Ein weiterer Vorteil der Lage bestünde darin, so Kühnle im Brustton der Überzeugung: „Man kann von dort aus direkt in die dicht an dicht stehenden Autos verkaufen und erspart sich somit lange und ökologisch völlig sinnlose Lieferwege“. Mit dem zu erwartenden Erlös werde man neues Saatgut erwerben, Verhandlungen mit der Firma Monsanto seien bereits geführt und stünden kurz vor einem guten Abschluss. Anfangs, gibt Müller-Neff offen zu, habe man diese Geschäftsbeziehung „durchaus kritisch“ gesehen, aber nun ginge es darum, sich von „überkommenen Feindbildern Stück für Stück zu lösen“ und den „Blick nach vorne zu richten“.

Nicht nur die Laube hat die FGL-Fraktion im Blick, auch „ungenutzte Verkehrsinseln“ kämen für eine Bepflanzung in Frage, ist ihrem Antrag zu entnehmen. Ganz oben auf der Prioritätenliste steht der Kreisel am Döbele. Auch dort ließe sich eine Direktvermarktung der frischen Waren gut organisieren, denn an Kundschaft, vor allem aus der Schweiz, bestünde ja nun wirklich kein Mangel. Weitere Standort-Vorschläge nimmt die FGL-Fraktion gerne entgegen.

Jetzt schon verzeichnet die FGL-Idee enormen Zuspruch. Eine bunt zusammengewürfelte Initiative aus allen gesellschaftlichen Schichten hat sich gegründet, die das Projekt zügig vorantreiben will. Darunter der gelernte Forstwirt Ulrich Burchardt, Städteplaner und Verkehrsexperte Langensteiner-Schönborn, Eric Thiel vom Stadtmarketing, der Konstanzer Einzelhandelsverband, alle privaten Parkhausbetreiber und LAGO-Manager Peter Herrmann. Einig ist man sich darin: „Verkehr an sich findet überall statt und es hat keinen Sinn, deswegen dauernd rumzunölen – machen wir das Beste draus!“ Die Gruppe will in Bälde richtig durchstarten und ein Motto hat sie auch schon: „Wir haben unsere Stadt zum Fressen gern“.