Wird Naidoo bald der Stecker gezogen?

Seit Monaten gibt es bundesweit massiven Protest gegen die Konzerte des Verschwörungstheoretikers Xavier Naidoo. Immer mehr Kommunen, auch in Baden-Württemberg, wollen ihn nicht mehr auf der Bühne sehen, denn seine Auftritte seien mit der gesetzlich verbrieften Kunstfreiheit nicht mehr in Einklang zu bringen. Petitionen gegen Naidoo-Konzerte kursieren, der Druck auf den Sänger und auch die Konzertveranstalter wächst. Auf seemoz-Anfrage hat nun auch das baden-württembergische Finanzministerium reagiert.

Bereits im Juli unterzeichneten fast 40 000 Menschen eine Petition, in der gefordert wurde, Naidoos Auftritt in der Mannheimer SAP-Arena abzusagen. Es gehe dabei nicht um eine Beschränkung der Kunstfreiheit, aber sein „rassistisches, antisemitisches und rechtspopulistisches Gedankengut“, das sich auch in seinen Texten wiederfinde, könne nicht mehr von seinem Werk getrennt werden. Mehrere Fraktionen des Ulmer Gemeinderats fordern derzeit aus ähnlichen Gründen, Naidoos geplantes Konzert im Kloster Wiblingen zu streichen. Doch Ulms CDU-Oberbürgermeister Gunter Czisch hält sich bedeckt und will noch abwarten.

Die vielzitierte Kunstfreiheit, so der Journalist Jacek Slaski im Berliner Magazin „tipBerlin“, spiele bei Naidoo „nur bedingt eine Rolle“. Seine Texte seien „seichter Soulpop, den der Sänger mit öliger Stimme zu kitschigen Harmonien produziert und mit dem er landesweit für Wohlgefühl sorgt“. Problematisch seien aber Naidoos Verschwörungstheorien und verstörende Ansichten, die man von ihm eigentlich schon seit fast zwanzig Jahren kenne und die immer radikaler geworden seien. Grund genug, dem Sänger „keine Bühne zu geben“, fordert Slaski auch in Richtung vieler Konzertveranstalter, die Naidoo weiterhin die Stange halten, weil sie sich ein gutes Geschäft erhoffen. Auch der bekannte Comedian Michael Mittermeier hat Naidoo kürzlich die jahrelange Freundschaft gekündigt und zeigt sich „entsetzt“ über die Äußerungen Naidoos.

Wie seemoz gestern berichtete, sind in unserer Region auch Naidoo-Konzerte in Emmendingen (25.7.2021) und Salem (24.7.2021) geplant. Beide Veranstalter, Allgäu Concerts und Karo Event, haben bislang auf unsere Anfragen nicht reagiert. Auch der Salemer Bürgermeister Manfred Härle hüllt sich beharrlich in Schweigen. Naidoo soll im Salemer Schlossgarten auftreten, bei der Vermietung dort hat im Endeffekt auch das Finanzministerium Baden-Württemberg ein Wörtchen mitzureden, denn es ist zuständig für die Vermietung von Liegenschaften des Landes, zu denen seit 2011 auch das Salemer Schloss gehört. Das Thema treibt diese Behörde um und man denkt an Änderungen bei der Vergabe an Veranstalter, die schlussendlich in Eigenregie entscheiden, wen sie auftreten lassen und vertraglich für eine Veranstaltung buchen. Hier die Antwort des Ministeriums.

Sehr geehrter Herr Reile,

Hier nun einige Informationen zu Ihrer Anfrage:

Wir haben keinen Vertrag mit Xavier Naidoo geschlossen. Und wir hätten auch keinen mit ihm abgeschlossen, wenn wir selbst ein Konzert organisiert hätten. Die dokumentierten Äußerungen Xavier Naidoos passen nicht zu unserem weltoffenen Land und einem respektvollen Miteinander.

Weder das Land Baden-Württemberg noch die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg (SSG) sind Veranstalter des von Ihnen genannten Konzerts. Vielmehr vereinbaren die SSG mit langem Vorlauf mit Veranstaltern, wann sie Flächen für Veranstaltungen überlassen bekommen können. Erst später schließen diese Unternehmen mit Dritten, beispielsweise Musikerinnen und Musikern, Verträge über Auftritte. Auf diese Vertragsgestaltung haben wir keinen unmittelbaren Einfluss. Die SSG müssen die verfassungsrechtlichen Vorgaben beachten und sind der Neutralität verpflichtet. Liegt also bei einem Konzert zuvor kein entsprechender Verstoß gegen rechtliche Vorgaben vor, kann die SSG eine solche Veranstaltung nicht einfach absagen. Auch einseitige nachträgliche Änderungen von bereits geschlossenen Verträgen sind nicht möglich.

Für die Zukunft beabsichtigen wir, durch eine veränderte Vertragsgestaltung mehr Transparenz und Klarheit bezüglich der Vermeidung jugendgefährdender oder extremistischer Inhalte zu schaffen. Dabei gilt selbstverständlich immer, dass das, was das Land in Verträgen für Veranstaltungen in landeseigenen Liegenschaften in einer möglichen Wirkung auf andere Verträge regelt, rechtssicher und gerichtsfest sein muss.

Ich hoffe, dass Ihnen das weiterhilft.

Schöne Grüße
Martina Schäfer

Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Neues Schloss
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