zu „Im Tal der Damanhurianer“

Der Journalist Holger Reile befasst sich seit vielen Jahren mit Sektenphänomenen. Er hat beispielsweise immer wieder über Uriella und ihre Fiat Lux berichtet. Für seinen Film „Kinder des Lichts“ gewährte ihm der Sektengründer der Damanhurianer, Oberto Airaudi, sogar Zutritt zu seinem unterirdischen Reich, das er seine Gefolgschaft in einen Berg in der Nähe von Turin graben ließ.

Die Sektenmitglieder, unter ihnen immer mehr Deutsche, folgen ihrem Führer mit offenbar blindem Eifer; sie gaben bereitwillig Auskunft vor der Kamera, ebenso wie Airaudi, der hier, im „Tempel der Menschheit“, mit positiver Energie den Weltfrieden herstellen will. In deutlichem Kontrast zur Pracht der Bilder und zu den verklärten Gesichtern schafft der oft ironische Kommentar die nötige Distanz. (Stuttgarter Zeitung 2000)


Die Verlockung ist groß: Als womöglich erstes Kamerateam betritt man Räume, die Journalisten normalerweise verschlossen bleiben, bekommt Zugang zum Allerheiligsten und erblickt Dinge, die nicht für die Augen der Öffentlichkeit bestimmt sind. Gleichzeitig hat man jedoch den Anspruch, kritisch zu berichten, zumal man einen Ruf zu verteidigen hat. Was also tun? Es gibt nur eine Möglichkeit: Man muss bewusst gegen den filmischen Grundsatz verstoßen, ein all zu großes Auseinanderklaffen von Texten und Bildern zu vermeiden.

„Kinder des Lichts” nennen sich die Mitglieder einer Sekte, die der Konstanzer Journalist und Sektenexperte Holger Reile in der Nähe von Turin besucht hat. Die „Damanhurianer” haben sich vergraben: Sie leben in einem ausgehöhlten Berg, teilweise bis zu 40 Meter unter der Erde. Schon die Tempel an der Oberfläche sind recht reizvoll, doch die große Überraschung bieten die unterirdischen Räume: Sie sind riesig, hell und über und über mit Malereien und Mosaiken geschmückt. Falls auch Reile vom Farbenreichtum beeindruckt war, lässt er dies zumindest im kritischen Kommentar nicht anklingen. Leichter machten es ihm die diversen Heilpraktiken von Sektengründer Oberto Airaudi: höchst mysteriöse Gerätschaften, die Reile respektlos als „Schrott” bezeichnet.

Während er die Aussagen der deutschen „Kinder des Lichts” fairerweise nicht weiter kommentiert, bekommt die Sekte insgesamt kräftig ihr Fett weg. Hin und wieder trägt Reile Ironie und Süffisanz allerdings etwas zu dick auf; Formulierungen wie „esoterisches Absurditätenkabinett” dürften bei potenziellen Sympathisanten der Damanhurianer eher zu solidarischen Trotzreaktionen führen. Davon abgesehen aber war Reiles Film ein faszinierender Bilderbogen aus einer fremden Welt. (Tilmann P. Gangloff, Südkurier 2000)