Asisi-Projekt: Warten auf den Kniefall zu Konstanz

Kommt er oder kommt er nicht? Die Rede ist von Investor Wolfgang Scheidtweiler, der auf einem städtischen Grundstück am Konstanzer Seerhein ein 360-Grad-Panoramabild des Berliner Künstlers Yadegar Asisi bauen lassen will. Der Gemeinderat mochte sich mit dem Standort nicht anfreunden und sucht nach einer Alternative für den noch zu errichtenden Bau. Daraufhin stieg Scheidtweiler höchst beleidigt aus dem Projekt aus, will nun aber wieder einsteigen. Ein unwürdiges Gezerre.

Das Konstanzer Stadtparlament hat sich bei seiner letzten Sitzung Ende September an eine seiner ureigensten Aufgaben erinnert: Ein Projekt nicht einfach absegnen und durchwinken, sondern kritisch nach- und hinterfragen. Und das taten VertreterInnen aus allen Fraktionen mit angenehmer Hartnäckigkeit. Als der Tagesordnungspunkt Asisi aufgerufen wurde, wollte Oberbürgermeister Uli Burchardt hurtig zum nächsten Punkt übergehen. Das Asisi-Projekt sei ja wohl unumstritten und einer ausführlichen Debatte nicht wert. Die RätInnen aber sahen das querbeet anders und bemängelten vor allem den vorgesehenen Standort am Seerhein. Nach teils hitziger Diskussion wurde beschlossen, erstmal inne zu halten und unter Einbeziehung fachkundiger Gremien einen anderen Standort zu suchen. So weit, so gut.

Anderntags schäumte Südkurier-Lokalchef Jörg-Peter Rau und geriet dabei außer Rand und Band. Der Rat habe „eine große Chance verspielt“, denn Scheidtweiler hätte „Millionen nach Konstanz getragen und die Strahlkraft der Stadt erhöht.“ Das „Gemäkel vor Ort“ habe den Investor bewogen, sich zurückzuziehen. Dabei habe Scheidtweiler, geiferte Rau weiter, „mehr Rückgrat“ bewiesen „als mancher der gewählten Stadträte“, denn diese hätten „das Wohl der Stadt nicht gefördert“. Ähnlich drosch Rau vor einigen Jahren wutentbrannt auf die KonstanzerInnen ein, die sich mit überwältigender Mehrheit gegen den Bau eines Konzert- und Kongresshauses auf Klein Venedig ausgesprochen hatten.

Rau, der seit der Affäre Lünstroth nicht nur bei RedaktionskollegInnen mächtig unter Druck steht, fühlt sich offensichtlich verpflichtet, das neue Südkurier-Geschäftsmodell umzusetzen. Seit kurzem ist das Medienhaus Gesellschafter beim Konstanzer Stadtmarketing. Und dieses, mit Eric Thiel an der Spitze, arbeitet mit Nachdruck daran, die Stadt bis in den letzten Winkel gewinnbringend zu verhökern: Hereinspaziert zum fröhlichen Ausverkauf. Da verbieten sich investorenfeindliche Widerstände. Kein Wunder also, dass auch Stadtvermarkter Thiel die Ablehnung des Standorts bedauerlich findet und inbrünstig hofft, dass der Deal mit Scheidtweiler doch noch irgendwie zustande kommt.

Bei soviel prominenter Unterstützung erwägt der millionenschwere Investor den Rückzug vom Rückzug und die Angelegenheit verkommt somit zunehmends zum Schmierentheater. Man kann sich lebhaft vorstellen, dass zwischen Wolfgang Scheidtweiler und der Stadtspitze seit Tagen die Smartphones glühen. Scheidtweiler, titelte Rau unlängst, hoffe nun „auf ein klares Signal aus Konstanz“. Will heißen: Die zweifelnden RätInnen sollen doch bitteschön umgehend ihre Bedenken über Bord werfen, sich in ein Büßergewand zwängen und, zum Wohle der Stadt natürlich, beim Investor für ihre kurzsichtige Mäkelei zu Kreuze kriechen und untertänigst um Vergebung bitten. Das könnte dem gefallen und dazu führen, dass die kurzfristig verschlossene Geldschatulle wieder ein gewaltiges Stück aufgeht.