Bodenseeforum: Die Messer werden gewetzt

Im Rat wird die Stimmung gegen das Bodenseeforum stärker. Elf GemeinderätInnen waren jetzt gegen einen weiteren Zuschuss zum Millionengräble am Seerhein. Damit wird die Luft auch für den OB immer dünner, und er könnte versucht sein, ein Bauernopfer zu finden, um die Verantwortung für die Verluste noch einmal von sich selbst fernzuhalten. Geschäftsführer Jochen Andrew Lohmar jedenfalls ist nicht zu beneiden, denn in der Politik sind die Heilsbringer von gestern die Watschen-Heinis von morgen.

Eigentlich sollten die Termine für Kongresse und Tagungen im Bodenseeforum ja weggehen wie geschnitten Brot, aber das Gegenteil ist der Fall: Das Haus schreibt rote Zahlen und hängt als städtischer Eigenbetrieb der Stadtkasse wie ein Mühlstein um den Hals. Auch jetzt galt es, wieder einen unvorhergesehen Verlust auszugleichen, und der OB wurde eher bärbeißig, als sich sofort wieder Ansätze zu einer Grundsatzdiskussion über das von ihm als „Jahrhundertchance“ gepriesene Tempelchen entwickelte.

  1. „Klinisch tot“

Anselm Venedey (FWK) mahnte, dass die jetzt schon wieder nötigen 650.000 Euro Zuschuss den „Status Quo zementieren“, denn mit diesem Geld erhielte das Team um Geschäftsführer Lohmar Luft, weitere Veranstaltungen zu verkaufen, die man dann später auch auf Deubel komm raus veranstalten müsse, selbst wenn man das Bofo eigentlich inzwischen anders nutzen wolle. Venedey, der dem Veranstaltungstempel früher eher gewogen war, nannte das Bofo „klinisch tot“. Er forderte die Verwaltung dazu auf, „die Maschine abzustellen“, denn es mache keinen Sinn, all den Millionen weitere Millionen hinterherzuwerfen. Er kann sich im Haus, dessen oberer Teil ja der IHK gehört, eine Sporthalle oder Büroflächen vorstellen.

Roger Tscheulin (CDU) hörte diese harschen Worte von Anselm Venedey gar nicht gern und warf ihm vor, er spiele mit dem Linken Holger Reile, einem bekennenden Bofo-Gegner der ersten Stunde, „über Bande“. „Spiel‘ nicht mit den Schmuddelkindern,“ wollte Tscheulin ihm damit wohl sagen. Aber auch Johannes Kumm (SPD) resümierte wacker, dass das Bofo nicht funktioniere und fragte, wie man denn etwas für alle KonstanzerInnen und speziell die SchülerInnen daraus machen könne.

  1. Musikalische Resteverwertung

Der OB aber hält eisern an seinem Lieblingskind Bofo fest und las zum Beweis für dessen Nützlichkeit das Programm der nächsten Monate vor, in denen es tatsächlich etliche Veranstaltungen geben soll. Es handelt sich dabei allerdings um auffällig viele Musicals und Oldies von Udo Jürgens bis Deep Purple und anderen Toten und Untoten – was darauf schließen lässt, dass es wieder einmal nicht gelungen ist, hochkarätige, profitable Tagungen und Kongresse an Land zu ziehen (mit denen das Haus der ursprünglichen Planung nach wohl rund 200 Tage pro Jahr belegt sein sollte, wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht).

Als Abspielstätte für Tourneerentner war das Bofo aber damals sicher nicht gedacht, auch wenn man dieses Programm jetzt als Volksnähe zu verkaufen sucht. Der OB forderte, dem seit zwei Jahren betriebenen Haus eine Chance zu geben und es in aller Ruhe aufs Gleis zu bringen. Auf die eher gallige Frage von Holger Reile (LLK), was denn die jüngst herbeigerufenen externen Berater kosten sollen, gab Uli Burchardt 54.000 Euro zu, was angesichts der Erfahrungen, die man damals mit dem hochdotierten Kongresshaus-Experten und Interimsgeschäftsführer Michel Maugé gemacht hat, die nackte Verzweiflung in die Gesichter einiger RätInnen trieb.

  1. Alles eine Frage des Managements?

Ein Satz aus dem Munde von Uli Burchardt allerdings sollte aufhorchen lassen: „Erfolg ist jetzt Managementaufgabe.“ Vöglein, ich hör‘ dir trapsen!

Die Befürworter des Bofo, die sich und anderen weiterhin goldene Berge von der Hütte versprechen, müssen wohl oder übel erklären, wie es zu diesem Desaster kommen konnte, wo die Interessenten doch angeblich Schlange stehen müssten (20 Millionen futsch, 25 Millionen oder gar 30? – so genau scheint das niemand mehr zu wissen oder wissen zu wollen).

In dieser Situation wäre natürlich der Bofo-Geschäftsführer Jochen Andrew Lohmar ein hervorragend geeigneter Watschen-Heini, denn er verantwortet ja das Management, das laut OB für den Erfolg (und Misserfolg) verantwortlich sein soll. Im Prinzip lässt sich dieses Spiel auf ewig so weiterspielen: Man überspielt die konzeptionellen Probleme des Kongresshauses, das wohl niemand als solches braucht, indem man alle paar Jahre das Management auswechselt und den, der eben noch als Heils- und Devisenbringer gefeiert wurde, mit einer deftigen Abfindung in die Wüste jagt. Die Stimmung bei den im Bofo Arbeitenden soll den Umständen entsprechend mies sein, berichtet das Stadtgerücht.

  1. Klingeling macht das Sterbeglöcklein

Holger Reile beantragte, den erneuten Zuschuss zum Bofo namentlich abstimmen zu lassen, damit die KonstanzerInnen genau erführen, wer da so großzügig ihr Geld verbrennen wolle, während man in der Verwaltung mit neuen Stellen knausere, obwohl die doch so bitter nötig seien. Sein Antrag wurde mit 16:16 Stimmen abgelehnt, und auch auf der linken Seite des Saales waren nicht alle dazu bereit, einzeln Farbe zu bekennen: Zahide Sarikas (SPD) etwa enthielt sich der Stimme, und Gabriele Weiner, die wie auch Klaus-Peter Kossmehl und Jürgen Puchta in der laufenden Saison die Vereinsfarben gewechselt haben, stimmte dagegen. Der OB selbst nannte eine namentliche Abstimmung überflüssig, weil ja auch so jede/r im Publikum wie im Podcast sehen könne, wer wie abstimme.

Am Ende gab es eine Mehrheit für den Defizitausgleich, aber die Zahl der Gegner war wieder einmal gewachsen. Das Sterbeglöcklein für Uli Burchardts Jahrhundertprojekt beginnt zu läuten, allerdings immer noch recht leise. Mit weiteren letzten Zuckungen des Patienten ist in den nächsten Jahren zu rechnen, denn dass sich diese gefräßige Raupe plötzlich als atemberaubender Schmetterling entpuppen könnte, glauben wohl nur noch ein paar Unverbesserliche.

O. Pugliese

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